Vaterschaftstest – historisch betrachtet

In traditionellen Gesellschaften wurde und wird die Feststellung der Vaterschaft von den versammelten Verwandten durchgeführt. Mit kritischem Blick wird das neugeborene Baby betrachtet und seine Körperteile den diversen Anverwandten väterlicher- und mütterlicherseits zugeordnet. Durch andauernde Fortschritte in der Wissenschaft kristallisierten sich nach und nach weitere, besser nachweisbare Methoden zur Feststellung der Vaterschaft heraus. Erste wissenschaftliche Tests fanden statt, nachdem der österreichische Arzt und Biologe Karl Landsteiner 1900 die AB0 Antigene und somit die Blutgruppen entdeckte. Durch Feststellung der Blutgruppen von Mutter, Vater und Kind wurden bestimmte mögliche Kombinationen festgestellt und andere ausgeschlossen. Diese Methode wies jedoch nur eine Sicherheit von ca. 30 % auf. Vaterschaftstests auf Grundlage der Blutgruppen wurden in Deutschland 1930 gerichtlich zugelassen.

Ab 1930 wurden auch erstmals serologische Tests nach Kell und Duffy, kombiniert mit Rhesusfaktoren durchgeführt, die zwar etwas bessere, jedoch immer noch unbefriedigende Ergebnisse brachten.

Erst im Jahr 1970 gelang der Wissenschaft ein großer Schritt zum Ausschluss von "unmöglichen" Vätern – die HLA Typisierung. Humanes Leukozyten Antigen ist ein Protein, das in allen Körperzellen, jedoch in hohem Maße in weißen Blutkörperchen vorhanden ist. Abhängig davon, wie selten die HLA Proteinzusammensetzung des Vaters war, konnte eine mögliche Vaterschaft mit bis zu 80 %iger Genauigkeit festgestellt werden.

Ein weiterer Schritt zum Ausschluss angeblicher Väter gelang in den 80er Jahren. Man drang tiefer in die Materie ein, erreichte nun das Erbmaterial selbst und konnte dadurch den so genannten genetischen Fingerabdruck abnehmen, der mit Hilfe molekularer Marker erstellt wird. Mit Hilfe von Restriktions-Fragment-Längen-Polymorphismus werden bestimmte Basenfolgen in der DNA herausgeschnitten, identifiziert und mit dem entsprechenden Material des Kindes verglichen. Das Resultat ist der sogenannte W-Wert – die Wahrscheinlichkeit der Verwandtschaft. Nun bewegen wir uns schon in einem W-Wert-Bereich von 99,9 %. Im Amtsjargon heißt das: „Vaterschaft praktisch erwiesen“. Der Nachteil dieser Methode ist, dass man zur Untersuchung relativ viel genetisches Material benötigt.

Mit sehr kleinen DNA Mengen arbeitet die PCR (Polymerase Chain Reaction), welche heutzutage bevorzugt wird, da man hiermit auch sehr kleine Kinder und Babies testen kann. Mit Hilfe der STR (Short Tandem Repeat) Technik ist es sogar möglich, Proben mit nur wenigen Zellen oder gar Zellbruchstücken erfolgreich zu untersuchen. Ein Speichelrest am Schnuller genügt bereits, um zu einem hoch signifikanten Ergebnis zu kommen.Die einzige Situation, in der alle bisher gängigen Tests versagen, ist die seltene Konstellation, dass die in Frage kommenden Väter eineiige Zwillinge sind.

Doch auch in der State of the Art Forschung gibt es Zweifelsfälle. In einer Universitätsstudie aus dem Jahr 2006 wurden die Blut- bzw. Speichelproben von Männern mit Hilfe der gängigen STR Technik untersucht, die keinesfalls Väter der untersuchten Kinder waren, und miteinander verglichen. Man gelangte zu mehreren uneindeutigen Ergebnissen, wobei in vereinzelten Fällen manchen Nicht-Vätern sogar eine höherer W-Wert also eine höherer Vaterschaftswahrscheinlichkeit zugesprochen wurde, als den (eindeutig feststehenden) biologischen Vätern selbst. Aus diesem Grund wäre es – obwohl nicht vom Gesetz verlangt - empfehlenswert, sich zwei verschiedener Methoden zu bedienen.

  Vaterschaftstest unkommerziell